Dienstag, 12. November 2013

Athen: Es herbstelt

Inzwischen sind wir dann auch schon seit zwei Wochen in Griechenland. Am 28. Oktober sind Elisa und ich von Rom abgefahren, um uns über Benevent und Bari nach Südosten vorzuarbeiten.

Der Trajansbogen von Benevent und der Autor des Blogs
Das kleine, schon reichlich süditalienische Benevent hat sich trotz geringer Erwartungen als historisch interessantes Städtchen inmitten des Hochlands östlich von Neapel erwiesen. Der Legende zufolge hieß die Stadt ursprünglich Maleventum ("schlechtes Ereignis"), wurde aber von den Römern nach dem erfolgreichen Ausgang einer Schlacht gegen den griechischen König Pyrrhus an diesem Ort in Beneventum ("gutes Ereignis") umgetauft. Aushängeschild der Stadt und UNESCO-Weltkulturerbe ist der berühmte Trajansbogen, mit dem der römische Senat im frühen 2. Jh. n. Chr. den Ausbau einer durch Benevent führenden, bedeutenden Fernstraße durch den gleichnamige Kaiser feierte. Besonders die Unterkunft - die malerisch in den grünen Hügeln gelegene, in dieser Jahreszeit ausgestorbene Ferienanlage Villa Merici bei San Leucio del Sannio - hat dazu beigetragen, dass wir Italien nur schweren Herzens verlassen haben. Die Anlage wurde erst vor kurzem erbaut und ich war doch tatsächlich der erste Gast aus Deutschland, wie uns die Wirtin erzählt hat. Dementsprechend ist alles neu, die Zimmer wunderschön, sauber und geschmackvoll eingerichtet. Die Wirtsleute waren von einer herausragenden Freundlichkeit und der für Süditalien fast schon üblichen Herzlichkeit. Der Koch des zugehörigen Restaurants war wohl schon im Urlaub, die Wirtin hat uns aber angeboten, uns zum Abendessen "schnell eine Kleinigkeit herzurichten, nichts Besonderes". Tatsächlich hat sie uns dann mit einem opulenten Diner aufgewartet, verschiedenste Spezialitäten der Region und ein herausragender Weißwein. Italien hätte sich schlechter verabschieden können ...

Am Abend des 29. Oktober schifften wir uns in Bari ein. Außer uns und einigen wenigen Rucksacktouristen waren vor allem übergewichtige LKW-Fahrer an Bord, die im Schlafsaal des Schiffs um die Wette schnarchten. Als wir nach der etwa achtstündigen Überfahrt gegen 5.30 Uhr in Igoumenitsa anlegten, waren wir alles andere als ausgeruht. Froh, die Schnarcher loszuwerden, begaben wir uns so schnell wie möglich in den Bauch des stählernen Ungetüms. In unserem Toyota mussten wir dann ein knappes Stündchen warten, bis wir als letzte von Bord gehen konnten. Ein spektakulärer Augenblick belohnte uns für die wenig erholsame Überfahrt: Wir fuhren genau in dem Moment nach Osten aus dem weit geöffneten Maul des Stahlkolosses in den Hafen von Igoumenitsa, als hinter den steil aufragenden Bergen die erste Morgenröte auftauchte. Griechenland versuchte bei unserer Ankunft, den Abschied aus Italien verblassen zu lassen.

Die Farben des Herbstes bei Dodona
Auf der Fahrt zum Zeusheiligtum von Dodona, das etwa 60 Kilometer landeinwärts in einem abgelegenen Hochtal liegt, überboten sich denn auch die landschaftlichen Eindrücke gegenseitig. Das schroffe Hochgebirge der nordgriechischen Region Epirus mit seinen felsigen Berggipfeln und den tief eingeschnittenen Tälern, in denen der Nebel erst langsam von den ersten Sonnenstrahlen vertrieben wurde, war ein einmaliges Erlebnis. Inmitten dieser atmosphärischen Landschaft lag Dodona, kultisches Zentrum von Epirus und eines der berühmtesten Orakelheiligtümer der griechischen Welt, das schon von Homer besungen wurde. Da wir bereits bei Öffnung der Ausgrabungsstätte vor dem Tor standen, konnten wir noch vor dem Mittagessen in das nahegelegene Ioannina weiterfahren, in dem wir unser erstes Quartier bezogen. Nicht einmal halb so groß wie Augsburg ist Ioannina für griechische Verhältnisse eine ausgewachsene Großstadt und dementsprechend geschäftig. Das moderne Museum beherbergt die wichtigsten archäologischen Funde der Region und bot sich damit als Ergänzung zu den monumentalen Resten von Dodona an.

Ein spätklassisches Wohnhaus in Orraon
Am nächsten Tag fuhren wir bereits weiter nach Süden, um meinen Geburtstag nahe der Küste in der kleinen Hafenstadt Preveza zu feiern, die wir bereits von einem früheren Besuch kannten. Einige Kilometer nördlich von Preveza mieteten wir uns für zwei Nächte zu sagenhaften Konditionen in der (wieder einmal verwaisten) Ferienanlage Villa Pappas ein, nur wenige Meter von der Adriaküste entfernt. Ein idealer Ort nicht nur, um beim Laufen am Strand die Sonne im Meer untergehen zu sehen, sondern auch als Ausgangspunkt für Ausflüge in der Region. Den Abend des 31. Oktober verbrachten wir in Preveza. Dort aßen wir unter freiem Himmel Meeresfrüchte, für die der Ort bekannt ist. Soweit ich mich erinnere das erste Mal, dass ich an meinem Geburtstag abends im Freien essen konnte. Zahlreiche archäologische Stätten in der näheren Umgebung lockten uns ebenfalls, zwangen uns aber zur Selektion. Die nächste Stätte, Nikopolis, kannten wir schon von einem früheren Besuch. Eine weitere, das sagenumwobene Nekromanteion von Ephyra, war geschlossen. Wir entschieden uns also letztlich für Kassope und Orraon: Zwei mittelgroße Städte der spätklassischen Zeit (4. Jh. v. Chr.), die das gewonnene Bild der Region ergänzen konnten. In Kassope waren Reste der Agora (des zentralen Platzes), in Orraon dagegen die Wohnhäuser besonders gut erhalten - beide Male vor einer großartigen landschaftlichen Kulisse.


Gut und gerne hätten wir noch länger in Epirus verweilen können, das uns durch seine Natur und die schön gelegenen antiken Orte verzaubert hat. Elisa erwartete in Athen jedoch noch viel Arbeit, auf mich warteten noch zahlreiche andere Orte, so dass wir uns am 2. November weiter nach Südosten vorarbeiteten. Am Abend desselben Tages kamen wir dann auch in Athen an. Hier bezogen wir sofort die kleine Einzimmerwohnung, die wir zu günstigen Konditionen angemietet haben. Die Eigentümerin Ambra, eine junge Italienerin, die an der Scuola Archeologica d'Atene (gewissermaßen dem Italienischen Archäologischen Institut Athen) arbeitet, vermietet die Wohnung in Zeiten ihrer Abwesenheit an Bekannte. Für uns ein Glücksfall, denn die Wohnung liegt zentral nur einen Steinwurf von der Akropolis entfernt in einem ruhigen Wohnviertel. Die Miete ist weitaus geringer, als der Betrag, den wir für die Nächtigung im Deutschen Archäologischen Institut zahlen müsste (auch wenn ich dort umsonst unterkäme). Die Küche ist ausreichend gut ausgestattet, um zumindest einige einfachere Gerichte zu kochen und so können wir uns hier selbst versorgen. Alles in allem ideale Bedingungen, um Athen, Attika und Mittelgriechenland zu besuchen. Doch dazu ein andermal mehr ...

Wir hoffen, Euch allen geht es gut, wo auch immer Ihr seid!
Liebe Grüße, tanti baci und bis bald,

Marcel und Elisa

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